Laura vom Auszeit Team besucht die Projekte in Udaipur, Indien
Indien ist ein Land vieler Extreme. Traditionen, Farben, Gerüche, der Verkehr, die Herzlichkeit der Menschen und die gesamte Lebenseinstellung sind uns hier fremd und zunächst nicht immer gleich verständlich. Immer wieder höre ich „You either love India or you hate it…“ – es gibt selten etwas dazwischen. Ich gehöre zu denen, die Indien lieben. Es reizt mich, morgens auf zu stehen und nie genau zu wissen, was man an dem Tag zu erwarten hat. Erwartungen sind sowieso so eine Sache beim Reisen. Am besten hält man sie so gering wie möglich, um völlig frei und flexibel reagieren und erleben zu können. Trotzdem schaffen wir es nie uns ganz frei von ihnen zu machen. Viele unserer Erwartungen werden von unserem Umfeld und den Medien auf uns projiziert. Indien hat es da in letzter Zeit etwas schwer, wie ich finde zu Unrecht, getroffen. Viele negative Schlagzeilen gehen durch die Nachrichten. Wir merken das hier im Team auch ganz klar an dem Interesse für Indien. Dabei wird genau dort so viel Hilfe gebraucht. Es war für uns also wichtig selber die Projekte vor Ort zu besuchen und die Situation, besonders unter dem Aspekt Sicherheit, zu erleben. Um es euch direkt vorweg zu nehmen: Ich habe mich selten so sicher und gut geborgen gefühlt!

Genau wie unsere Teilnehmer komme ich sonntags ziemlich früh und nach langer Anreise in Udaipur an und werde dort schon von unseren Partnern mit bester Laune und einem großen „Laura – Auszeit-weltweit“ Schild in Empfang genommen. Von Anfang an fühle ich mich gut aufgehoben und das soll sich auch über die gesamte Zeit bestätigen. Ich war bereits vor Jahren selbstständig in Indien und muss sagen, dass es einen riesigen Unterschied macht, wenn man Ansprechpartner vor Ort hat, die einem alles erklären und organisieren können. Diesmal komme ich nicht einmal in die Situation nicht genau zu wissen, wo ich hin muss, was in neuem Essen enthalten ist oder mich irgendwo alleine auf zu halten. Kleinigkeiten, die schnell stressen können. Ich muss ehrlich sagen, es ist total schön direkt am Anfang abgeholt zu werden und zu einer bekannten Unterkunft gebracht zu werden. Manchmal entscheidet der Start in einem Land über den gesamten weiteren Verlauf. So komme ich, zwar müde, aber doch entspannt in dem Freiwilligenhaus in Udaipur an. Udaipur ist eine unserer 3 Locations, an denen ihr Freiwilligenarbeit machen könnt. Ausserdem geht hier auch unsere Rundreise durch. So konnte ich alle Seiten, die auch die Teilnehmer erleben, kennen lernen.
Meine Woche ist gefüllt mit Besuchen in allen unserer Projekten, auch neue Projekte, die in Zukunft aufgenommen werden sollen, kulturellen Erfahrungen und Ausflügen, aber vor allem und besonders mit ganz vielen herzlichen Begegnungen. Das ganze beginnt schon im Leben in der Freiwilligenunterkunft. Hier leben die Freiwilligen und Teilnehmer der Rundreise aus allen Ländern ganz nah zusammen mit den Koordinatoren und locals aus der Nachbarschaft. Die Koordinatoren James, Jitender und Harrish sind alle Mitte 20 und entwickeln dadurch eine sehr freundschaftliche Beziehung zu euch. Nicht selten sitzen wir alle zusammen, lachen über absurde Bollywood Filme (oder uns gegenseitig), spielen Volleyball im Garten oder gehen abends zusammen essen. Ohne es bewusst zu merken wird man schnell ein Teil der Gemeinde und lernt viel von den verschiedenen Kulturen, die zusammen leben. Manchmal gesellen sich die Köchin oder der TukTuk Fahrer, der immer für euch zur Verfügung steht, dazu und die Gruppe wird noch bunter.

Die gleiche Gemeinschaft beobachte ich auch in den Projekten. Sujini, die Koordinatoren für ganz Indien, erklärt mir, dass sie in Udaipur ganz bewusst nur mit einigen Projekten zusammen arbeiten. Da die Anzahl der Freiwilligen in Udaipur nicht so groß ist, möchten sie lieber immer konstant Leute zur Hilfe in die Projekte schicken anstatt zu lange Leerläufe zu generieren. Das freut mich sehr! Zusammen mit einem der Koordinatoren und dem Tuktuk Fahrer Bansilal geht die Fahrt morgens nach dem Frühstück in eine lokale Schule. Sie besteht aus 2 verschiedenen Teilen, zum einen eine Schule für Taubstumme und zum zweiten eine Schule für Kinder mit Behinderung. Es ist zuckersüß zu sehen, wie die Kids sich über die Mithilfe freuen. James, der selber in einem Kinderheim groß geworden ist, kennt einen Großteil der Kinder persönlich und kann uns direkt Tipps mit auf den Weg geben, wer was am besten kann oder mag. Zunächst kann ich mir das Unterrichten für Taubstumme nur schwer vorstellen. Einige Minuten später unterhalte ich mich aber schon schriftlich mit einem der Schüler und im Zimmer nebenan wird mir „Linn ist weg“ per Zeichensprache beigebracht. Linn war gerade weiter in die Projekte nach Goa gefahren und wurde von der fünften Klasse direkt vermisst. Bei den Kindern mit Behinderungen nebenan geht es etwas chaotischer zu. Eine Sportolympiade für Behinderte steht bald an und der schnellste Läufer wird ermittelt. Oder zumindest wird dies versucht. Die Behinderungen und Fähigkeiten der Kinder sind so unterschiedlich, dass ihr hier nie einen festen Ablauf erwarten könnt und viel Flexibilität mitbringen sollt. In beiden Schulen wird man direkt mit so vielen lächelnden Gesichtern empfangen, dass es nur schwer ist sich zu entscheiden, in welcher Schule man sich einsetzen möchte. Nach einer Mittagspause zu Hause gehen alle Freiwilligen nachmittags zusammen in das Slum Projekt. Man darf sich hier nicht ein riesiges, anonymes Slum vorstellen, sondern mehr eine Gemeinschaft an Nachbarn, bei denen das Schicksal in Indien es nicht so gut gemeint hat. So leben viele Familien zusammen in einer Wohnung und haben die Kochstelle vor der Tür und nur wenige können sich guten Unterricht oder jegliche Beschäftigung für ihre Kinder leisten. Es geht hier also besonders darum, den Kindern Englisch zu unterrichten und auch eine Perspektive im Leben zu geben. Noch bevor der Unterricht los geht, kommen die Kids aus allen Richtungen gerannt und fragen uns, wo wir her kommen, wie wir heissen, und all die Fragen, die sie so schnell sagen können. Das Projekt besteht zu dem Zeitpunkt seit 3 Monaten und die Fortschritte sind jetzt schon zu sehen. Auch hier bin ich wieder sehr positiv überrascht, wie nah und herzlich alle miteinander umgeben. Ich erkenne die Kinder unserer Köchin, der Putzfrau und der TukTuk Fahrer wieder. Die Angestellten wohnen alle in dem Slum und ihre Kinder gehen zu dem Projekt. Der Kreis schliesst sich wieder und das Gefühl von großen Vertrauen begleitet die Projektarbeit.

Udaipur selber lässt einen manchmal denken, man wäre in einer Märchenwelt. Die Stadt der Seen ist umgeben von Gebäuden mit wahnsinniger Architektur und feinen Spielereien, wie aus Filmen von 1001 Nacht. Obwohl sich die Stadt über eine große Fläche streckt, lernt man den Kern schnell kennen. Manch eine Stadt in Indien kann einen überfordern, Udaipur jedoch gibt mir ein Gefühl von Gemütlichkeit und so absurd es klingt, Sicherheit. Die Menschen gehen offen auf einen zu und nicht selten haben sie mehr Fragen an uns als andersrum. Während wir unsicher sind, ob wir ein bestimmtes Foto machen dürfen, klicken die Handys symbolisch um uns herum und machen Fotos von uns. Wollt ihr mal für die Projekte etwas Geld sammeln? Stellt euch vor den Palace und nehmt ein paar Rupien von jedem, der ein Foto mit euch machen möchte 😉 Wie schon gesagt ist Udaipur und ganz Rajasthan recht traditionell. Das merkt ihr zum einen an den kulturellen Events in der Stadt und den farbenvollen Klamotten, aber auch daran, dass es in der Stadt bis auf ein paar Restaurants keine Möglichkeit gibt abends weg zu gehen. In eurer Freizeit werdet ihr wahrscheinlich eher Ausflüge in die ganzen Nachbarstädte machen und Stunden auf den lokalen Märkten verbringen. So sieht es auch für die Teilnehmer der Rundreise aus. Udaipur bietet eine gute Ausgangsposition für Ausflüge zu Tempeln in der Nähe und als Highlight der ganzen Reise eine Fahrt in die Wüste mit zwei Übernachtungen.

Wir ihr merkt, könnte ich euch immer mehr über meinen Besuch in Udaipur erzählen. Für die Abenteurer unter euch, behalte ich mir die Details etwas zurück, damit ihr mit mehr Adrenalin starten könnt. Wenn ihr aber mehr hören möchtet oder konkrete Fragen habt, meldet euch einfach bei uns und ich beantworte euch die Fragen gerne. Denn Udaipur und unsere Projekte dort sind mir ganz schnell, sehr ans Herz gewachsen und so würde ich mich sehr freuen, wenn ihr euch auf das Erlebnis „Incredible India“ auch einlasst.